Unser Besuch aus Brentwood vom 27. Juli bis 1. August 2023

 

Inzwischen sind unsere Brentwood-Freunde sicher wieder zu Hause. Auch der Bericht unseres Pressebeauftragten Manfred Klier erschien heute in der HRV.
Hier das Original mit einigen Bildern:

Tagelang wehte vor dem Landratsamt Roth der „Union Jack“ – die britische Nationalflagge. Grund war der Besuch einer 22-köpfigen Delegation aus dem partnerschaftlich verbundenen Borough of Brentwood nahe London. Weder Brexit noch Covid konnten diesem „Town Twinning“ während der zurückliegenden 44 Jahre etwas anhaben. Nach zweijähriger Zwangspause war die deutsche Gruppe aus dem Landkreis Roth im vergangenen Jahr nach Brentwood gereist. Jetzt erfolgte der Gegenbesuch.
Nachdem die Gäste vom Flughafen München abgeholt und von ihren Gastgebern herzlich empfangen worden waren, wartete ein umfangreiches Programm auf sie, von Anne Klier – der Vorsitzenden auf deutscher Seite – und einem Helferkreis gründlich vorbereitet.
Obligatorisch ist der Empfang im Sitzungssaal des Landratsamts Roth. In einwandfreiem „Franconian English“, wie sich der Stellvertretende Landrat Walter Schnell ausdrückte, begrüßte er Gäste und Gastgeber: „Welcome to the District of Roth, dear friends of England.“ Zum 23. Mal fände der Besuch aus England statt, und „es mögen noch viele weitere folgen.“ Schnell erinnerte an einige besonders verdienstvolle, inzwischen verstorbene Mitglieder dieser Partnerschaft: Roy Stevenson, Jill Dimmock, Maria Raitmeir und Ingeborg Werner. „Es ist wichtig“, so fügte er hinzu, „diese Partnerschaft gerade auch in Zeiten des Krieges aufrecht zu erhalten.“ Schnell bedankte sich bei den Gastgebern und bei Anne Klier für ihr ehrenamtliches Engagement. Er wünschte „Wonderful days im Landkreis Roth“.
Auch Anne Klier wandte sich an die Gäste: „I’m very happy to meet you here.“Sie bedankte sich für die Einladung zum Empfang im Landratsamt und für die Unterstützung: „What would we do without the Landkreis?“
In einer informativen Präsentation wurde nun der Landkreis Roth mit seinen 129 000 Einwohnern vorgestellt.
Das war gerade auch für Councillor Gareth Barrett interessant, dem Mayor of Brentwood. Er war mit seiner Amtskette erschienen, zum ersten Mal dabei und der erste Mayor, der jünger ist als die Partnerschaft. Sonja Gossler übersetzte seine Rede, in der er versicherte, dass man auf englischer Seite sehr an der Fortführung dieser Partnerschaft interessiert sei. Der Brexit, so betonte er, sei leider keine gute Entscheidung gewesen. Die besondere Verbundenheit mit Deutschland sei auch dadurch zum Ausdruck gekommen, dass der erste Auslandsbesuch von King Charles Deutschland gegolten hatte. Der Mayor bedankte sich für die herzliche Aufnahme im Landkreis.
Auf englischer Seite ist Tony Sleep der Vorsitzende der Partnerschaft. Er war im Jahre 2009 erstmals nach Roth gekommen, damals als Mayor des Borough of Brentwood, ebenfalls mit Amtskette angetan. Zum ersten Mal habe er damals Kürbiskerne gegessen. Sechs Corona-Impfungen habe er bereits hinter sich, teilweise mit deutschem Impfstoff. Trotzdem könne er immer noch nicht deutsch, ergänzte er mit trockenem Humor.
Nach dem offiziellen Teil und der „Conversation“ fuhr der Bus nach Allmannsdorf am Brombachsee. Vor Ort erfuhr man viel Wissenswertes über das Fränkische Seenland, das Ende des vergangenen Jahrhunderts entstanden war. Nach einem zünftigen Mittagessen durften natürlich Informationen über eine der bekanntesten Sonderkulturen im Landkreis nicht fehlen: der Hopfen. Das geschah im Spalter Museum „HopfenBierGut“, wo man gleich das Produkt Bier verkosten konnte. Auch an einen berühmten Spalter wurde erinnert: Georg Burkhardt, der sich später Spalatin nannte. Nach der Reichsacht, die1521 über Martin Luther verhängt worden war, war es Georg Spalatin, der Luthers Rettung vor seinen Verfolgern auf die Wartburg organisierte. Er gilt deshalb als „Steuermann der Reformation“.
In Gunzenhausen wurde die Gruppe vor dem Rathaus gleich mit einem Glockenspiel hoch vom Turm empfangen. 173 Glocken und Glöckchen spielen mehrmals am Tag Melodien wie „Kein schöner Land in dieser Zeit“ und „Wahre Freundschaft soll nicht wanken“. Der römische Limes ging dereinst mitten durch die heutige Stadt, anstelle eines Kastells wurde später die Hauptkirche errichtet.
In Schlungenhof am Altmühlsee lagen zwei rekonstruierte Römerboote vor Anker. Trotz Wind und Regen bestiegen etliche Wetterfeste diese Boote und legten sich in die Riemen, um über den See zu rudern. Boote dieser Art waren zuzeiten der Römer als Kontrollboote auf der Donau unterwegs gewesen.
Am Samstag machte die Gruppe einen Abstecher in die oberpfälzische Stadt Amberg. Im strömenden Regen gab es zwei Stadtführungen in Englisch und Deutsch, in denen die sehenswerten Bauten erläutert wurden. Die mächtige St.Martins-Kathedrale aus dem 14. Jahrhundert bot zudem Schutz vor den Regenschauern. Doch dann, pünktlich zu Beginn der Plättenfahrt, riss der Himmel auf und die Fahrt in den Flachbooten konnte beginnen. Amberg liegt an der „Bayerischen Eisenstraße“. Ein Hinweis darauf, dass hier früher Eisenerz gefördert und verhüttet worden war. Man hatte die Produkte auf der Vils nach Regensburg transportiert und auf dem Rückweg das kostbare Salz nach Amberg gebracht. Das erklärt den Wohlstand der Stadt.
Am Sonntag waren private Unternehmungen angesagt. Die „guests“ besuchten zusammen mit den „hosts“ Städte wie Eichstätt, Fürth, Nürnberg und Weißenburg.
In Greding gab am nächsten Tag der zweite Bürgermeister Oswald Brigl einen Empfang in der „Town Hall of our lovely city“. Er freute sich über diesen Besuch und wies auf die Wichtigkeit einer derartigen Partnerschaft hin, die auch immer gepflegt werden müsse, denn „Demokratie und Frieden bauen darauf auf“. Außerdem trage sie zur Erweiterung des eigenen Horizonts bei. Ein Rundgang durch die „Stadt der 21 Türme“ führte an den Bauwerken der Eichstätter Fürstbischöfe vorbei. Der hier im Jahre 1525 niedergeschlagene Bauernaufstand war wohl die erste Demokratiebewegung in Deutschland gewesen. Die Stadtpfarrkirche St. Jakobus und die romanische Basilika St. Martin mit ihren Kunstschätzen wurden besucht. Besonders beeindruckte der Karner unter der Michaelskapelle. Hier ruhen die Gebeine von rund 2500 Menschen.
Kieferorthopäde, Jura und Weinberg: Passt das zusammen? Ja, das funktioniert. Dr. Harald Eberhard ist Kieferorthopäde und Winzer zugleich. Beim Bleimer Schloss oberhalb Gredings baut er seit 2018 Wein an. Der Boden auf dieser Jurahochfläche gleicht dem Boden in Burgund. Eine positive Auswirkung des Klimawandels ist zudem, dass hier Wein gedeihen kann. In diesem von Bioland zertifizierten Betrieb wird möglichst auf Spritzmittel verzichtet. Brotzeit und Weinprobe waren bei diesem Besuch natürlich inbegriffen.
Und dann kam auch schon der letzte Abend des Besuchs, der traditionelle Freundschaftsabend, der in Alfershausen im Gasthof Winkler gefeiert wurde. Rund 80 Gäste waren gekommen, darunter etliche Vertreter des öffentlichen Lebens. Mit „Hallo everybody. We have very hard days behind us“, begrüßte Anne Klier die Anwesenden. Aber es habe auch viel „fun“ gegeben, nicht zuletzt auch beim „night cup“, dem Schlaftrunk.
Councillor Gareth Barrett, der Mayor of Brentwood, war angetan von der Freundlichkeit und der Gastfreundschaft, die er genossen hatte. „This is a highlight in my time as Bürgermeister“, gestand er bei seinen Dankesworten. Er hoffe, alle im nächsten Jahr in Brentwood wiederzusehen, und dass diese Freundschaft ihn überdauern werde.
Tony Sleep, der Leiter des Town Twinnings auf englischer Seite, schilderte in seiner humorvollen Rede, dass man diesmal das Wetter fast wie Antonio Vivaldis Vier Jahreszeiten in allen Nuancen erlebt habe. Er dankte für das umfangreiche Programm der letzten Tage im „wonderful Bavaria“. Er hoffe auf ein Wiedersehen beim für Anfang August 2024 geplanten Besuch in Brentwood.
Ursula Klobe überbrachte die Glückwünsche von Landrat Ben Schwarz. Sie war davon überzeugt, dass das schlechte Wetter durch sonniges Gemüt ausgeglichen worden sei. Angesichts des 44-jährigen Bestehens der Partnerschaft, empfahl sie, diese Schnapszahl mit einem entsprechenden Getränk zu feiern.
Für Michael Kreichauf, dem „Vize Mayor of Thalmässing“, ist diese Partnerschaft ein „Franconian Highlight“. „Keep them alive!“, fügte er seinen Dankesworten hinzu.
Merkwürdige Gestalten waren im Saal aufgetaucht: eine Gruppe der Gredinger „Pumpernickel“. Wie Jürgen Joos erklärte, hat der Name nichts mit Schwarzbrot oder Lebkuchen zu tun. Vielmehr steht „Pumper“ für pumpern, Krach machen und „Nickel“ für Schelm oder Gewand. Ihre Furcht erregenden handgemachten Masken sollten zu Pestzeiten die Seuche vertreiben, der Lärm zudem dem Winter den Garaus machen. Draußen bewiesen dann diese „Goaßlschnalzer“ ihre Kunst und luden einige Mutige zum Mitmachen ein.
Allgemein wurde in den Gesprächen der Brexit bedauert, die Sauberkeit und die Ordnung in Deutschland gelobt, wo alles geregelt sei. Umgekehrt erinnerte man sich angesichts des Besuchs in Brentwood an den freundlichen Umgang der Menschen dort untereinander. Ein Gast aus England gestand am Schluss: „I think I will stay here“.

Manfred Klier

 2023 Brentwoodbesuch Gossler Sleep Barrett Schnell KlierEmpfang im Landratsamt2023 Brentwoodbesuch Barrett KlierCllr. Gareth Barrett und Anne Klier2023 Brentwoodbesuch AltmhlseeRudern im Römerboot2023 Brentwoodbesuch GredingGäste und Gastgeber vor dem Gredinger Rathaus2023 Brentwoodbesuch GoalschnalzerPumpernickel in Aktion

 

Weitere Bilder sind noch in diesem Jahr in der Galerie zu finden. ;-)